Gekipptes Fenster: Versicherung muss nicht zahlen

Veröffentlicht am 11. Juni 2013

14.04.2013 | 18:30 | PHILIPP AICHINGER (Die Presse)

Wenn ein Haus zu „versperren“ ist, bedeute das auch, dass man erreichbare Fenster nicht gekippt hinterlassen dürfe. Dies sei grob fahrlässig, sagt das Höchstgericht.

Wien. Langsam beginnt die warme Jahreszeit, und damit steigt für viele die Verlockung, das Fenster auch dann nicht ganz zu verschließen, wenn man das Haus verlässt. Dies kann aber ein gefährliches Unterfangen sein, wie eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zeigt.

Geklagt hatte ein steirischer Golfklub, in dessen Klubhaus im Juni 2011 eingebrochen worden war. Über eine barrierefrei zugängliche Terrasse waren die Täter zu einem ebenerdigen Fenster gelangt, das gekippt war. Die Täter nutzten dies laut den Ermittlern aus, indem sie eine dünne Schnur oder eine Drahtschlinge um den Innenriegel des Fensters legten. Dadurch konnten sie das Fenster öffnen, ins Gebäude einsteigen und die im Klubhaus verwahrten Sachen mitgehen lassen.

Die Versicherung wollte den Schaden von 15.000 Euro nicht zahlen, der Golfklub klagte. Er ortete einen Versicherungsfall, weil die Täter „mit Werkzeugen, die für ein ordnungsgemäßes Öffnen nicht bestimmt seien“, ins Haus gelangt waren. Von einer groben Fahrlässigkeit der Klubmitglieder, bei der die Versicherung nicht zahlen müsste, könne man nicht reden: Schließlich sei das Fenster nur gekippt gewesen und daher bloß zehn bis 15 cm offen gestanden. Zudem habe man von den öffentlich zugänglichen Bereichen gar nicht sehen können, dass die Fenster offen waren. Und weil das Klubhaus abgeschieden liegt, hätten die Täter ja ohnedies genauso gut ein geschlossenes Fenster einschlagen können, wenn sie schon einmal da waren, wurde argumentiert. Für die Versicherung lag hingegen eindeutig grobe Fahrlässigkeit vor, weil die Fenster nicht ganz geschlossen waren.

Fenster nicht extra zu erwähnen

Das Grazer Landesgericht für Zivilrechtssachen sah das auch so. Wenn laut Versicherungsbedingungen Räume zu „versperren“ sind, bedeute das auch, dass Fenster zu verschließen sind. Bereits ein gekipptes Fenster bedeute, dass das Haus nicht korrekt verschlossen wurde. Das Oberlandesgericht Graz bestätigte das Urteil: Es sei nicht entscheidend, ob in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich das Schließen von Fenstern vorgeschrieben wird. Vielmehr lasse sich das bereits aus der Pflicht, das Gebäude zu versperren, ableiten.

Der OGH (7 Ob 239/12s) konstatierte, dass ein gekipptes Fenster „die Gefahr eines Einbruchdiebstahls erheblich steigert“. Es sei grob fahrlässig, ein Fenster gekippt zu hinterlassen, wenn es leicht erreichbar ist. Die Versicherung muss somit nicht zahlen.

einbruchsopfer.at Kommentar:

Das Urteil halte ich für richtig allerdings ist die Begründung und die Ableitung des OGH eindeutig falsch! Prinzipiell muß jede Wohnung bzw. jedes Haus beim Verlassen versperrt sein. Das ein gekipptes Fenster ohne Einbruchsspuren zu hinterlassen, geöffnet werden kann ist bekannt und kinderleicht. Somit kann die Versicherung eine Leistung ablehnen, da ansonsten einem Versicherungbetrug Tür und Tor geöffnet werden.

Die Ableitung des OGH, dass „dies die Gefahr eines ED erheblich steigert“ ist allerdings eindeutig FALSCH. Ein gekipptes Fenster, ohne Spuren zu hinterlassen, zu öffnen, stellt einen größeren Zeitaufwand dar, als ein geschlossenes (oder gekipptes) Fenster auf zu brechen!